Aus der Anhaltischen Elbezeitung 1914 :
1.8.1914
" Während der Kriegsunruhen befinden
sich die wichtigsten Nachrichten in
unseren Büroräumen angeschlagen.
Wir erhalten die wichtigsten Nachrichten
telegraphisch aus Berlin. Unsere Mitbür-
ger werden schnellstens unterrichtet."
" Überall werden Vorbereitungen getroffen,
damit bei einer eventuellen Kriegserklärung
alles klappt. "
" Der Geschäftsführer der Coswiger Braun-
zeugwarenfabrik, Herr Schwab, sendet uns
folgende Zeilen:
" Dem Rufe des Vaterlandes folgend, verblieb
mir wenig Zeit, Abschied zu nehmen und ich
rufe auf diesem Wege allen meinen Freunden
und Bekannten ein herzliches Lebewohl zu."
Die Abreise des Herrn Schwab gestaltete sich
auf unserem Bahnhofe zu einer erheblichen
Abschiedsfeier. Nicht nur seine Feunde gaben
dem Vaterlandsverteidiger das Geleit, nein,
auch die Arbeiter und die Genossenschafts-
mitglieder der Coswiger Braunwarenfabrik
hatten sich dazu eingefunden.
" Während der Dauer eines Krieges beziehen
Beamte und Lehrer, die in den Krieg ziehen
müssen, Ihre Gehälter weiter. "
4.8.1914
" Die zum militärischen Nachrichtendienst
benutzten Brieftauben tragen die Ihnen
anvertrauten Depeschen in Aluminium-
hülsen, die an den Schwanzfedern be -
festigt sind. Trifft diesen in einem fremden
Taubenschlag ein, so ist diese ohne Be -
rührung der an ihr befindlichen Depesche
unverzüglich an die oberste Militärführung
oder den Gemeindevorstand zu übergeben."
" Infolge der drohenden Kriegsjahre muß die
Sprengstofffabrik, die große Lieferungen an
die Deutsche Armee und Marine auszuführen
hat, Ihre Produktion bedeutend erhöhen. Aus
diesem Grunde werden Arbeiter in erheblicher
Zahl bei erhöhten Löhnen eingestellt . "
" Keine Unbesonnenheit beim Einkaufen von
Lebensmitteln ! Dr. Heim sagt, , daß Deutsch-
land mit allen möglichen Lebensmitteln für
20 Monate gut versorgt ist. Der kopflose
Sturm auf unsere Kaufhäuser für Lebens-
mittel ist unnötig. Ruhe bewahren."
" Schulfrei wer bei der Ernte hilft !
Mit Rücksicht auf die Erklärung des Kriegs-
zustandes, hat die Regierung angeordnet,
daß auf Antrag von Arbeitgebern Schulfrei-
heit gewährt werden soll. "
6.8.2014
" Reichsausländer :
Sämtliche Ausländer haben sich binnen
24 Stunden im Rathaus zu melden und
Legitimationspapiere mitzubringen.
Polizeiverwaltung, J.B.Herzog, Bgm.
" Die Militärvereine und die Feuerwehr
haben sich zur Verstärkung des Sicher-
heitsdienstes bei der Bewachung der
Fähre und Straßenübergängen bewilligst
zur Verfügung gestellt. Der Magistrat
bittet uns, mitzuteilen, daß sich täglich
bei ihm Männer zur Bewachung der
Straßen, Brücken usw.melden möchten."
7.8.1914
" Der Oberprediger Lucke wird dringend
gebeten, die Kirche an sämtlichen Tagen
der Woche öffnen zu lassen., damit
unsere Mitbürger an dieser heiligen
Stätte zu ihrem Gott beten können. "
8.8.1914
" Der Bahnbau Roßlauf - Wiesenburg
mußte eingestellt werden, da die meisten
Arbeiter in den Krieg müssen. "
Bekanntmachung :
" Anfang nächster Woche wird für die
Hilfsbedürftigen Familien der zu den
Waffen gerufenen im Amtsgebäude hier
eine Volksküche eingerichtet.
Das Hilfs-Comite.
Aufruf zur freiwilligen Hilfsarbeit :
" Mädchen von 10-14 Jahren aus allen
Schulen der Stadt, die für unsere tapfe-
ren Vaterlandsverteidiger unter Anleitung
Strümpfe stricken wollen, mögen sich,
solange sie schulfrei sind, täglich in der
Turnhalle einstellen. "
11.8.1914
Aus Dessau ging uns eine Postkarte mit
folgenden Zeilen zu :
" von Coswig sieben tapfere Krieger, gehen,
schlagen Frankreich nieder, kommen gesund
und munter wieder, singen den Coswigern
Siegeslieder. Diese lechzen nach Franzosen-
blute. Dieses ist sehr wesentlich, was noch
kommt, das wissen wir nicht. 36.Ref.Inf.Regt."
Kommentar heute :
Hieran sieht man die aufgeheizte Stimmung vor
dem 1.Weltkrieg in der Deutschen Bevölkerung.